Biotopschutz beim Netzausbau

Stromtrassen können naturschutzfachlich problematische sein, wenn sie Lebensräume zerschneiden und die Landschaft für Tier- und Pflanzenarten undurchlässig machen. Das kann sowohl bei Freileitungen als auch bei Erdkabeltrassen der Fall sein. Durch eine sorgfältige Trassenplanung und ein Ökologisches Trassenmanagement lassen sich negative Auswirkungen jedoch oft minimieren. Wie Ökologisches Trassenmanagement umgesetzt wird, zeigt sich beispielhaft im Naturschutzgebiet Ehinger Ried.

Vorschaubild Video ÖTM

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Zerschneidungswirkung von Stromtrassen

Ob die Leitungen über oder unter der Erde verlaufen – die Trassen müssen in den meisten Fällen von größeren Gehölzen frei gehalten werden. Verhindert werden soll damit, dass Bäume Freileitungen beeinträchtigen oder tiefreichende Wurzeln die Erdkabel beschädigen. Der gehölzfreie Schutzstreifen muss bei Erdkabeln bis zu zehn Metern, bei Freileitungen sogar bis zu 50 Meter breit sein. Insbesondere in Waldgebieten entsteht so eine Schneise, die vor allem für kleinere Tiere nicht ohne weiteres zu überwinden ist.

Leitungstrassen können aber auch im Offenland für wenig mobile Arten als ernsthafte Barrieren wirken, zum Beispiel für die Wanstschrecke. Negative Zerschneidungseffekte sind auch bei großflächigen geschützten Biotopen wie etwa Kalkmagerrasen zu beobachten.

 

Abhilfe schaffen –
Zerschneidungswirkung minimieren

Strommasten mit einer Leitungsebene sind breiter und benötigen daher einen breiteren Schutzstreifen | Foto: NABU Neumünster

Strommasten mit einer Leitungsebene sind breiter und benötigen daher einen breiteren Schutzstreifen. Foto: NABU Neumünster

An erster Stelle steht auch hier die sorgfältige Trassenführung. Bei Freileitungen beeinflusst zudem die Wahl der Masten das Ausmaß der Zerschneidungswirkung. Während breitere Einebenen-Masten aufgrund ihrer besseren Sichtbarkeit zu einem geringen Kollisionsrisiko für Vögel führen, benötigen sie bei einer Querung von Waldbereichen meist einen breiteren Schutzstreifen. Hier kann es daher zu Zielkonflikten kommen, denn höhere und schmalere Tonnenmasten reduziert die Zerschneidungswirkung – allerdings zum Preis eines erhöhten Kollisionsrisikos.

Die Wahl des Masttyps sollte daher den Bedingungen im Einzelfall angepasst werden. Darüber hinaus können durch ein Ökologisches Trassenmanagement Beeinträchtigungen zumindest teilweise reduziert werden.

 

Ökologisches Trassenmanagement –
das Beste daraus machen

Ökologisches Trassenmanagement kann den Biotopverbund stärken | Foto: NABU-Stiftung Nationales Naturerbe/Inés Noll

Ökologisches Trassenmanagement kann den Biotopverbund stärken. Foto: NABU-Stiftung Nationales Naturerbe/Inés Noll

Beim Ökologischen Trassenmanagement (ÖTM), bei waldquerenden Trassen auch als Ökologisches Schneisenmanagement (ÖSM) bezeichnet, nutzt man die Schutzstreifen unter Freileitungen oder über Erdkabeln für den Naturschutz. Im Idealfall kann dabei eine Zerschneidung von Lebensräumen verhindert oder sogar ein Beitrag zum Biotopverbund geleistet werden.

Ziel ist, die Stromtrasse nicht durch intensive Pflege dauerhaft freizuhalten. Stattdessen sollen die Trassen zum Beispiel durch die Förderung bestimmter Gehölzstrukturen oder halboffener Strukturen, extensive Bewirtschaftung oder Artenschutzmaßnahmen als Lebensraum aufgewertet werden.

Wie konkret die Trassen dabei gestaltet werden, ist im Einzelfall zu entscheiden. Arten offener Lebensräume wie bestimmten Heuschrecken- oder Schmetterlingsarten kann eine extensiv offengehaltene Schneise dabei helfen, Waldbereiche zu queren. Auf der anderen Seite sind gehölzarme Trassen kontraproduktiv, wo Wälder miteinander verbunden werden sollen.

Wichtig für eine zielführende Umsetzung des ÖTM ist daher zunächst die Erfassung der natürlichen Standortfaktoren sowie der Biotoptypen und der Flora und Fauna auf und im Umfeld der Schneise. Sinnvoll ist es dabei in jedem Fall, den Sachverstand der ortskundigen Naturschutzverbände sowie vorhandene Biotopverbundkonzepte frühzeitig einzubinden.

Aus Naturschutzsicht sollte das Ökologische Trassenmanagement von den Netzbetreibern stets als fester Bestandteil der Planung etabliert werden. Ein Beispiel für die gute Zusammenarbeit der beteiligten Akteur*innen ist das Ökologische Trassenmanagement im Naturschutzgebiet Ehinger Ried. Mehr…

Weitere Informationen zum ÖTM:
→ Factsheet Ökologisches Trassenmanagement (Dialogforum Erneuerbare Energien und Naturschutz, 2020)
→ Praxis-Leitfaden für Grundstückseigentümer*innen sowie Handreichung „Ökologisches Trassenmanagement“ (NABU Stiftung Nationales Naturerbe, 2019)
→ Leitfaden „Vielfalt unter Strom“ (Deutsche Umwelthilfe, 2017)
→ Leitfaden „Lebensraum unter Strom – Trassen ökologisch managen“ (Deutscher Verband für Landschaftspflege, 2014)